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Eisenhüttenstadt (han). Zum nunmehr vierten Autokorso in Eisenhüttenstadt hatten die Organisatoren um Horst Milutzki und Egon Niemack am Samstag aufgerufen. Die Genehmigungen dafür lagen lange vor diesem Termin vor und die Strecke über Fürstenberg und die Innenstadt war die gleiche, wie beim letzten Mal. Auch die Hinweise zur Maskenpflicht und den Abstandregeln sowie den Korsoregularien waren die Gleichen, wie an den vorangegangenen Rundfahrten. Also alles irgendwie schon langweilig und fast totgelaufen?
„Mitnichten, denn in diesem Staat läuft etwas richtig schief“, so ein Bauunternehmer, dem ähnlich wie einer Werbeagentur solvente Kunden wegbrechen. „Auch wenn es uns beiden noch ganz gut geht und Aufträge da sind, ist der Trend spürbar. Kunden sagen ab, Aufträge fallen weg oder werden verschoben, die auch in unseren Budgets fest eingeplant waren. Wohin soll das noch führen?“, fragt der Werbefachmann. Und während die einen eine Gefahr für ihre wirtschaftliche Existenz sehen, plagt die anderen die Wut im Bauch, über immer neue Versprechungen und Durchhalteparolen auf der einen und immer mehr zwanghafte Einschränkungen auf der anderen Seite. Dazu Horst Milutzki: „Die Kanzlerin versucht jetzt alle Macht an sich zu reißen, da wird es auch für unsere Ministerpräsidenten ganz schwer eigene Wege zu gehen. Sie werden gezwungen der Kanzlerin zu folgen und das wahrscheinlich bis die Wahl vorbei ist. Was danach passiert steht in den Sternchen. Ich weiß es nicht.“
Eine Gruppe von Frauen zieht die derzeitigen Maßnahmen und Restriktionen in Zweifel: „Trotz all dieser Maßnahmen, die das Infektionsgeschehen einschränken sollen, steigen die Inzidenzen. Danach kann man sich also nicht mehr richten und gesunde Menschen testen, das ist unmöglich!“ Eine andere wirft wütend ein: „Gesunde Menschen gehen testen, da kann ich auch gleich zum Ganzköper-MRT gehen, ohne Beschwerden. Gesunde Menschen gehen testen, um zu gucken, ob sie gesund sind. Das kann’s nicht sein! Ohne Worte, das geht gar nicht!“ Diese Teilnehmerinnen wünschen sich einen Cut und das alles so, wie vorher wird, da es aus ihrer Sicht das Virus schon länger gibt. Impfen kann dagegen helfen, „es müsste nur endlich mal gemacht werden, denn gesund testen wird nicht gehen“, so die abschließende Meinung. Und damit stehen sie nicht allein. Denn für viele Teilnehmende ist das politische Profilierungshickhack nicht mehr nachvollziehbar. Auch auf den Fahrzeugschildern ist zu lesen, dass nicht Corona geleugnet wird, man aber die Nase voll hat von der Plan- und Ziellosigkeit der Verantwortlichen und dem damit vorhandenen Abbau der Rechte, die im Grundgesetz garantiert sind. Der Ton wird schärfer. Einer der Hauptaufreger ist die „Zweiklassengesellschaft“, die sich in Geimpfte und Nichtgeimpfte unterteilen soll. „Es geht nicht, dass Spahn Privilegien für Geimpfte im April ankündigt und gar nicht alle die Möglichkeit haben, sich jetzt impfen zu lassen.“ Genau diese Politik scheint es zu sein, die die Korsoteilnehmer aus Eisenhüttenstadt aufstehen und sagen lässt: „Deshalb werden wir auch weiter durch unsere Stadt fahren und auf diese Missstände aufmerksam machen.“
Die Unzufriedenheit und das Versagen der Politik im Aufzeigen einer Strategie heraus aus der Krise, das tägliche "rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln" macht wohl wütend und ist für viele nicht mehr nachvollziehbar. An Durchhalteparolen glauben immer weniger. Mit dieser Zusammenfassung begründet sich der Autokorso, wobei die Forderungen und Ansichten im Detail vielfältig sind.
Diese Art des Protestes gefällt nicht allen: Einige Autofahrer fühlten sich durch den Korso, der diesmal aus 102 Fahrzeugen bestand, beeinträchtigt. Aus einem Fenster an der Ecke Bahnhof- /Wilhelmstraße rief ein wütender junger Mann: „Mann sollte Euch auf die Fresse hauen!“ und auch Passanten zweifelten an, ob das alles denn Sinn mache. Aus Sicht der Organisatoren schon, denn die sind überzeugt, dass andere Wege aus der derzeitigen Situation möglich sind und auch andere Möglichkeiten des Protestes in Zukunft angestrebt werden. Welche, blieb offen.
Der Dank ging wie immer zum Abschluss des Korsos an die begleitenden Polizistinnen und Polizisten, die zum Teil aus anderen Landesteilen zur Unterstützung der Absicherung kamen.
Fotos: Jörg Hanisch |