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Schwerzko (han). Am frühen und noch nebligen Samstagmorgen herrschte Hochbetrieb auf dem Damm des Schwerkoer Sees, denn das alljährliche Abfischen war angesagt. „Alljährlich, bis auf 2020 wegen der Schweinepest“, betont der Vorsitzende des Fischerei- und Naturschutzverein Dorchesee Schwerzko e.V. Andreas Voigt lachend und eilte wieder zu seinen Männern, die im Wasser letzte Vorbereitungen für den ersten großen Fischzug mit Kahn und dem 100 Meter langen Netz trafen. „Es sollen Riesenkarpfen mit über einem Meter Länge gesichtet worden sein“, rief er noch zurück, bevor sich die am Fischzug beteiligten zu einer kurzen Einweisung trafen.
Mittlerweile waren auch schon die ersten Neugierigen und Kauflustigen eingetroffen und verfolgten interessiert das Geschehen. In Ölzeug ging es hinein in den Restsee, in dem es schon brodelte. Goldgelb schimmernde Fischleiber kamen zum Vorschein, die ganz allmählich vom Netz umkreist wurden und deren Freiraum systematisch verengte. Karpfen, Schleie, Hechte und Barsche gelangten so zur Sortieranlage, wurden sauber gespült und landeten in den Verkaufsbecken, an denen sich eine schier endlose Schlange eingefunden hatte. Aussuchen, Wiegen, Töten, Zubereiten, war der letzte Weg der Fische und ein Jahrhunderte alter. Denn Fische gehörten mit zu den ersten Nahrungsmitteln der Menschen neben Beeren und anderen essbaren Früchten.
„Wir legen Wert auf das traditionelle Fischen, wie es die Menschheit seit alters her betreibt“, bemerkte Andreas Voigt und setzte fort: „Die hauptsächliche Arbeit des Vereinsmitglieder besteht nämlich in der Hege und Pflege. Durch spezielle ökologische Futterzusammensetzungen mit Mais, Lupine und Erbsen aus der Umgebung haben die Fische aus Schwerzko einen besonderen Geschmack.“ Genau den schätzen seit Jahrzehnten Käufer, wie Bauservicemeister Andre Müller aus Neuzelle und hunderte andere, die in der Schlange standen. Eine Episode am Rande unterstreicht das ganze wohl eindrucksvoll: Eine Eisenhüttenstädterin, die den Tag wohl verschlafen hatte und erst nach dem Mittag kam, hätte eigentlich keinen Karpfen mehr abbekommen, da die alle schon wieder im Dorchesee schwammen. „Als wir die traurigen Augen sahen, haben wir ihr extra noch einen Acht-Kilo-Karpfen aus dem See gefischt“, so Andreas Voigt.
Diese Ernte wird nicht lebend verkauft. Der berühmte Weihnachtskarpfen in der Badewanne ist nicht mehr. Hier verlangen die Gesetze erstens ein Gefäß, das groß genug für den Transport ist und dann eine artgerechte Haltung, die in den meisten Fällen nicht vorhanden ist. Die Badewanne zählt nicht dazu. Deswegen gibt es das Serviceteam mit eigens dafür nach langer praktischer Erfahrung hergestellte Werkzeugen, wie zum Beispiel dem Schuppenschaber und anderen, Im Akkord erfolgt die Verarbeitung der Fische, wenn der Verkauf erst einmal begonnen hat. Das was so blutrünstig aussieht gehört zum Fischen dazu und ist eine Dienstleistung am Kunden, der seinen Fisch zum Teil wohl portioniert und sogar filetiert mit nach Hause bekommt.
Die Bilanz des Fischzuges 2023 kann sich sehen lassen: Alle Hechte und Schleie aus den beiden Fischzügen wurden verkauft und auch die Karpfen gingen gut über den „Ladentisch“. Mit 16 Kilogramm wurde der größte Karpfen in diesem Jahr aus dem See geholt und durfte nach ausgiebiger Betrachtung durch Fischer und Schaulustige wieder zurück in seine nasses Element. Zurück durften auch weitere 1,4 Tonnen Fisch, die im sich wieder füllenden Dorchesee überwintern werden und im nächsten Jahr eine gute Grundlage für die Angler sind. Für die 42 Mitglieder des Fischerei- und Naturschutzverein Dorchesee Schwerzko e.V. war es ein erfolgreicher Tag und eine Belohnung ihrer hegerischen Arbeit.
Fotos: han |