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Aurith (han). Am Sonntag vor 26 Jahren brach der Oderdeich bei Brieskow-Finkenheerd anfangs auf einer Länge von 70 Metern. Später wurden es 200 Meter und das Wasser strömte mit großer Geschwindigkeit in die Ziltendorfer Niederung. Einen Tag später nur neun Kilometer stromaufwärts, brach der Deich bei Aurith. Damit war die Überflutung von etwa 5.300 Hektar Fläche nicht mehr aufzuhalten, auch nicht die der Orte Thälmann-Siedlung, Kunitz Loose und Aurith. Der weitere Verlauf ist hinlänglich bekannt und unter anderem in einem privaten Buch von Gerhard und Christina Binder festgehalten, die gerade zwei Jahre vor dem Hochwasser in die Thälmann-Siedlung gezogen waren. „Was dann nach dieser Tragödie kam, war einfach wie ein Traum. Die übergroße Spenden- und Hilfsbereitschaft aller Beteiligten, macht es möglich, dass wir heute 26 Jahre nach diesem Hochwasser an der Oder stehen und den Odergott „Viadrus“ gnädig stimmen und das seit übrigens 25 Jahren. Wie Sie sehen, ist uns das geglückt, in diesem Jahr vielleicht etwas zu gut“, meint Christina Binder an die zahlreichen Gäste gewandt bei einem Blick in das Flußbett. Denn die Oder hat am 23. Juli 2023 Niedrigwasser. Das war auch der Grund, dass der Ziltendorfer Bürgermeister Heiko Hildebrand auf die Fähre einzugehen: „Ja, sie fährt und wurde erfolgreich erprobt, allerdings an der Marina Schlaubetal in Müllrose. Hier darf sie erst ab einem Wasserstand von 1,68 Metern fahren. Sobald dieser erreicht ist, wird sie an den Wochenenden und in diesem Jahr noch kostenlos eingesetzt.“ Doch wie stimmt man einen Flußgott gnädig? Die Ziltendorfer und Bewohner der Niederung haben da ihre ganz eigene Strategie entwickelt. „Unsere Kinder haben Schiffchen gebaut und für die Erwachsenen haben wir Rosen hier. So wollen wir Viadrus unseren Respekt zollen“, erzählt die Vorsitzende des Heimatvereines Ziltendorf Annette Vierling. Der Heimatverein unterstützt die Familie Binder seit Jahren und erwähnt gleichzeitig eine Mail aus dem Ahrtal. In dieser danken die Einwohner dieser Region den Ziltendorfern und anderen der Amtsgemeinden Brieskow-Finkenheerd für ihre Spendenbereitschaft, denn diese haben gesammelt und einen Spielplatz zur Verfügung gestellt.
Beim Stichwort „Fähranleger“ allerdings wird Volker Lehmann etwas ungehalten und erzählt: „Früher gab es hier drei, die den entsprechenden Wasserständen angepasst waren“ und fordert auf, sich den neuen ganz genau anzuschauen. Dieser liegt halbversunken im Oderschlamm und zeugt von einer technischen Meisterleistung deutscher Planungs- und Ingenieurskunst, die wohl leider die örtlichen realen Gegebenheiten außer Acht gelassen hat. Bleibt zu hoffen, dass „Viadrus“ auch hier ein Einsehen hat und genügend Wasser durch die Oder schickt, so dass sich die steuerfinanzierte Investition doch noch rentiert und Menschen auf beiden Seiten des Flusses friedlich zusammen bringt, wie es auch der Wunsch der Anwesenden an den Flußgott war.
Fotos: han |