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Leipzig, 06.03.2020. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) rechnet damit, dass die Tracking-App der Bundesregierung bald einsatzbereit ist. „Der Einsatz soll eine Lockerung des Kontaktverbots ermöglichen“, sagte er im ‚ntv Frühstart‘. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer (CDU) hatte bereits am Samstag dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) gegenüber verlauten lassen, eine solche Corona-Tracking-App gehöre schon bald zum Alltag: "Wir werden solche Apps in absehbarer Zeit alle nutzen, und zwar freiwillig. Auf diese Weise können wir die Einschränkungen reduzieren.“
Frauke Petry, Mitglied des Deutschen Bundestages dazu:
„Was hier geplant wird, ist offensichtlich ein Kuhhandel mit den Grundrechten der Bürger. Überspitzt: Du sagst mir, wo Du Dich aufhältst und ich genehmige unter Umständen Ausgang. Freiwillig wäre eine solche Lösung noch nicht mal mehr dem Namen nach.
Denn wenn für den Einzelnen zukünftig die Bewegungsfreiheit von der Nutzung einer solchen Staats-App abhinge, wäre das nahezu Erpressung. Davon ganz abgesehen, würde möglicherweise der soziale Druck im Umfeld eines Nichtnutzers der Freiwilligkeit Hohn sprechen. Und letztlich, sollte sich so etwas durchsetzen, entstünden weitere Begehrlichkeiten. Davon kann man sicher ausgehen. Auch wenn ich ungern mit solchen platten Vergleichen komme – chinesische Verhältnisse lassen am Horizont grüßen.
Vielleicht wäre es ratsam, vor solchen hektischen Schritten etwas vertiefter zu diskutieren. Dann kämen nämlich auch Stimmen zu Gehör wie die von Alexander Kekulé, einem der führenden Virologen Deutschlands und lange Jahre Berater der Bundesregierung für Fragen der Bekämpfung von Infektionskrankheiten.
Kekulé nämlich sieht die diskutierte Handy-Ortung von Infizierten und den Einsatz einer Anti-Corona-App äußerst kritisch. Vor allem vermisst er Erhebungen über den tatsächlichen Nutzen und warnt darüber hinaus vor einer ‚Handy-Polizei‘, wie er dem MDR bereits vor einigen Tagen sagte.
Grundsätzlich: Die Bundesregierung sollte zunächst ihre Standard-Hausaufgaben erledigen und dafür sorgen, dass zukünftig Deutschland nicht wieder vollkommen unvorbereitet in eine solche Situation schlittert. Ordentlich ausgestattete Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen oder ein funktionierendes, rechtzeitiges Quarantäne-Management an Außengrenzen und Flughäfen wären sicher nicht zu viel verlangt, bevor man sich an gänzlich neue Herausforderungen wagt.
Die Beschäftigung mit der sogenannten ‚Corona-App‘ erinnert mich an das Verhalten von Studenten, die vor wichtigen Prüfungen plötzlich übersteigertes Interesse am WG-Haushalt zeigen. Prokrastinieren nennt man das.“
Hintergrund:
https://www.mdr.de/sachsen/politik/corona-kretschmer-corona-tracking-app-100.html
https://www.n-tv.de/politik/Braun-Tracking-App-bald-einsatzbereit-article21695373.html
Foto: eb |